(2/5) Welche Ernährungsweisen gibt es und woher kommen diese?

 

Veganismus beschreibt eine Ernährungsweise, welche auf rein pflanzlicher Kost basiert. Im weiteren Sinne bedeutet Veganismus für viele Menschen ein Lebensstilkonzept, bei welchem sämtliche tierische Produkte sowie das Kaufen und Tragen von Kleidungsstücken tierischen Ursprungs (Leder, Wolle) aufgrund ethischer Überzeugungen abgelehnt wird.

Die vegane Ernährungsweise wird den sogenannten „alternativen Ernährungsformen“ zugeordnet. Alternative Ernährungsformen beschreiben Ernährungsweisen, welche von der üblichen westlichen Mischkost abweichen und als Dauerkost geeignet sind. Diäten oder therapeutische Ernährungsformen (wie z.B. die glutenfreie Kost bei Zöliakie) zählen nicht dazu. Nach Prof. Dr. Keller trifft folgende Definition auf alternative Ernährungsformen zu: „Alternative Ernährungsformen folgen einer Konzeption, die sich deutlich von der üblichen Ernährungsweise in Industrieländern unterscheidet. Es handelt sich um ganzheitliche und präventive Ernährungsformen. Die ihnen zugrunde liegenden Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl berücksichtigen weitergehende Aspekte der Lebensmittelqualität (Art, Produktion, Verarbeitung, Zubereitung und Wirkung der Lebensmittel). Alternative Ernährungsformen sind keine kurzfristigen Modeerscheinungen, sondern zeichnen sich durch Beständigkeit aus.“ (vgl. Leitzmann, C. & Keller, M. (2020). „Vegetarische und vegane Ernährung“ (4. Aufl.) Stuttgart: Eugen Ulmer Verlag, S. 74ff.)

In unseren Breitengraden wird die westliche Mischkost häufig als „normale“ Ernährung bezeichnet. Was in einer Bevölkerungsgruppe jedoch als „normal“ angesehen wird, beschreibt lediglich die Einstellungen und die daraus resultierenden Handlungen der Mehrheit einer Gesellschaft. Diese Betrachtungsweise lässt jedoch weder über die Qualität und den ernährungsphysiologischen Wert einer Ernährung noch über den gesundheitlich präventiven Nutzen und den ökologischen Aspekt einer Ernährungsweise Rückschlüsse zu.

Viele Menschen sehen den Konsum von tierischen Produkten immer noch als notwendig an, um ihre Gesundheit zu erhalten. Hierbei handelt es sich jedoch um weitverbreitete Meinungen und nicht um auf wissenschaftlicher Evidenz basierende Fakten. (vgl. einschlägige Literatur wie z.B.: Leitzmann, C. & Keller, M. (2020) „Vegetarische und vegane Ernährung“ (4. Auflage) Eugen Ulmer Verlag, Kapitel 7: Vegetarismus in Prävention und Therapie chronischer Erkrankungen, S. 90ff., Kapitel 9: Potenziell kritische Nährstoffe bei vegetarischer Ernährung, S 310ff.; Englert, H. & Siebert, S. (2016). „Vegane Ernährung“ (1. Aufl.) Bern: Haupt Verlag; Leitzmann, C. (2018). „Veganismus: Grundlagen, Vorteile, Risiken“ (Originalausgabe) München: C.H.Beck Verlag; Rittenau, N. (2018). „Vegan-Klischee ade!“ (2.Aufl.) Mainz: Ventil Verlag).

Ernährung ist, so wie die meisten Einstellungen und Verhaltensweisen, erlernt. Das bedeutet, dass wir Einstellungen und Verhaltensweisen von wichtigen Bezugspersonen wie unseren Eltern, Großeltern, Lehrern sowie Freunden (Stichwort „Peer groups) übernehmen. Ernährungsweisen mit zugrundeliegenden Einstellungen einer Person und den daraus resultierenden Verhaltensweisen spiegeln diesen erlernten Prozess häufig wider.

Es zeigt sich außerdem, dass Ernährung und Ernährungsgewohnheiten stark kulturell geprägt sind. Bei der Auswahl von Nahrungsmitteln orientieren wir uns häufig an dem, was gesellschaftlich in einer bestimmten Kultur akzeptiert wird. Traditionen sind häufig Ausdruck dessen.

Ernährung ist auch ein soziales Phänomen. So kann Ernährung auch Ausdruck des sozioökonomischen Status sein: Von vielen Menschen werden Nahrungsmittel bevorzugt, welche einen hohen gesellschaftlichen Status widerspiegeln. Häufig sind dies tierische Produkte wie z.B. Kaviar.

Ernährung vermag es auch Charaktereigenschaften widerzuspiegeln. So wird Fleischkonsum immer noch als typisch männlich angesehen, während pflanzliche Kost häufig Frauen zugeschrieben wird.

Insgesamt kann gesagt werden, dass rund um das Thema Ernährung - speziell tierische Produkte - viele Mythen kursieren. Wie Melanie Joy, PhD, in ihrem Buch „Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen“ schreibt, wird Fleischessen immer noch als „normal, natürlich und notwendig“ angesehen.

Schauen wir uns ein paar dieser Mythen genauer an: So wird zum Beispiel vielfach davon ausgegangen, dass eine ausreichende Proteinversorgung mit pflanzlicher Kost überhaupt nicht oder wenn, nur mit der zusätzlichen Einnahme von Proteinnahrungsergänzungspräparaten abgedeckt werden kann.

Oder ein anderer Mythos besagt, dass bei einer veganen Ernährung ein Mangel an wichtigen Nährstoffen vorprogrammiert ist. So halten es immer noch viele Menschen für notwendig, Fleisch zu essen, um ihrem Körper ausreichend Eisen zuzuführen.

Einer der am weitesten verbreiteten Irrglauben lautet, dass eine ausreichende und bedarfsgerechte Calciumversorgung ausschließlich über den Konsum von (Kuh-)Milch möglich ist. Dass Calcium bei veganer Ernährung einen kritischen Nährstoff darstellen kann, hängt bei dieser Ernährungsform stark von der Kostzusammenstellung ab. Jedoch kann Kalzium auch bei gemischter Kost ein kritischer Nährstoff sein, wie Daten der „Nationalen Verzehrstudie II“ aus Deutschland zeigen: Die durchschnittliche Kalziumzufuhr beträgt hier zwar bei Frauen 960mg/d und bei Männern 1050mg/d, jedoch erreichen 55% der Frauen und 46% der Männer nicht die empfohlenen Zufuhrmengen.

Ein weiterer Mythos lautet, dass eine Versorgung mit den lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren nur über den regelmäßigen Verzehr von fettreichen (Kaltwasser-)Fischen möglich ist. Mit einem Grundwissen in Ernährungslehre lässt sich eine Versorgung mit den essentiellen Omega-3-Fettsäuren namens Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) jedoch auch mittels pflanzlicher Kost decken, so wie ich es in dem Kapitel über Fettsäuren ausführlich darstellen werde.

Mithilfe dieser Homepage möchte ich einen Teil dazu beitragen, bestehende Mythen rund um Ernährung abzubauen und Interessierte dabei unterstützen, eine vegetarische oder vegane Lebensweise mit medizinischer Sachkenntnis in den Alltag zu integrieren, ohne Sorge vor evtl. befürchteten Nährstoffdefiziten haben zu müssen.

 
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(3/5) Lesen Sie hier Empfehlungen für die richtige Nährstoffzufuhr!